Atmen ist für die meisten von uns die selbstverständlichste Sache der Welt. Doch wenn sie beeinträchtigt ist, wird sie schnell zu einer Quelle der Angst.
Wir atmen pro Minute 12 bis 15 mal. Wäre es nicht ziemlich anstrengend, wenn wir dauernd dran denken müssten, ein und auszuatmen? Damit dem nicht so ist, wird unsere Atmung durch das Atemzentrum reguliert, welches wiederum vom unwillkürlichen, vegetativen Nervensystem gesteuert wird. So kann es einerseits Signale direkt von den Sensoren empfangen, die melden, wann die Sauerstoffkonzentration im Blut zu niedrig ist. Andererseits meldet unser vegetatives Nervensystem, wann es wichtig ist, sich auf eine bevorstehende Aufgabe vorzubereiten. Man nennt dies «feed forward», etwa wenn ich auf dem Velo sitze und weiss, dass ich gleich einen Berg hochfahren werde. Das vegetative Nervensystem wird aktiviert und meine Atmung geht schneller, bevor ich überhaupt beginne, den Berg hinaufzufahren, um mir genügend Sauerstoff zur Verfügung zu stellen.
An diesem Beispiel sieht man, wie wichtig auch hier der Fokus ist. Denn es ist nicht (nur) der wirkliche Berg, der meine Atmung beeinflusst, sondern schon die Vorstellung des Berges. Solche «Berge» können auch Ängste und Befürchtungen sein, die unser vegetatives Nervensystem auf Trab bringen und uns flach und schnell atmen lassen.
Gut, dass unsere Atmung auch willentlich beeinflusst werden kann und dass das Zusammenspiel mit dem vegetativen Nervensystem keine Einbahnstrasse ist. Durch bewusstes, ruhiges Atmen können wir unser vegetatives Nervensystem beruhigen und unseren Körper entspannen. Das hilft uns, in Stresssituationen besser auf unsere Ressourcen zugreifen zu können. Dazu ist es gut, tief durch die Nase einzuatmen und dann die Luft durch die federleicht geschlossenen Lippen ausströmen zu lassen, bis das Einatmen wieder reflexartig erfolgt. Diese sogenannte Lippenbrense hält die Atemwege weit und verlangsamt den Fluss der Atemluft, was zu einer optimalen Sauerstoffverteilung führt.